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Sehr geehrter Herr Dr. Weirauch,

zur kleinen Anfrage Ihrer Landtagsfraktion über öffentliche Angriffe gegen Richter erlaubt sich der Verein der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg  ebenfalls Stellung zu nehmen:

Zunächst danken wir Ihnen sehr herzlich für Ihre Initiative. Sie beleuchtet einen bestimmten Ausschnitt des gesellschaftlichen Problems des Vertrauens- und Respektverlustes gegenüber staatlichen Institutionen, aber auch des Verlustes von Respekt gegenüber dem einzelnen Individuum. Angriffe auf Justiz, Polizei und (Eingriffs-)Verwaltung sind dabei besonders problematisch. Gerade Eingriffe des Staates in Freiheitsrechte erfordern in besonderem Maße Respekt und grundsätzliches Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Effizienz des hoheitlichen Handelns.

Ob Ihre Anfrage zu einem einigermaßen vollständigen Überblick führen wird, erscheint allerdings fraglich, weil viele betroffenen Richter und Staatsanwälte gar nichts von den gegen sie geführten Angriffen und Schmähungen wissen. Das bevorzugte Medium für solche Angriffe ist das Internet. Wenn man nicht die einschlägigen websites aufruft oder gar nichts von deren Existenz weiß, hat man auch nur geringe Chancen, davon zu erfahren. Viele Kolleginnen und Kollegen kümmern sich nicht um solche Internet-Veröffentlichungen, teils weil sie sie nicht kennen, teils weil sie es sich ersparen wollen, sich über die dort verbreiteten Inhalte zu ärgern.

Aus diesem Grunde möchte ich wenigstens exemplarisch 3 solche websites mit Verunglimpfungen, Schmähungen und absurd abwegigen Vorwürfen und Unterstellungen benennen:

https://joergfeix.wordpress.com/tag/richter-mayerhofer/ betreffend Richter des AG Schwäbisch Gmünd und des LG Ellwangen,    

https://justiz-skandal.info/ mit weiterführendem Link auf Youtube https://www.youtube.com/watch?v=DkegwozuBuE betreffend einen Richter des LG Ulm

https://www.warnglocke.de/warum-will-der-richter-axel-mueller-in-die-politik/ betreffend verschiedene Richter des LG Ravensburg (die website „warnglocke.de“ enthält noch viel mehr vergleichbarer Artikel).

Dies ist nur eine kleine Auswahl aus der insgesamt mit Sicherheit riesigen Zahl gleichartiger oder ähnlicher Irrungen und Wirrungen im Internet.

Über Angriffe außerhalb des Internets wird Ihre Anfrage sicherlich detailliertere Ergebnisse liefern. Es sei aber ergänzend der Hinweis erlaubt, dass sich auch in Anwaltsschriftsätzen – also im nicht-öffentlichen Raum – Respektlosigkeiten finden, die sich nach unseren Eindrücken in den letzten Jahren häufen. Da ist beispielsweise die Rede davon, ein Vergleichsvorschlag sei „eine Frechheit“, die in rechtlichen Hinweisen geäußerte Rechtsauffassung sei „eine völlig haltlose Behauptung (!), die von mangelnden Rechtskenntnissen, Einseitigkeiten und totaler Überforderung“ zeugten, die getroffene Entscheidung sei „Rechtsbeugung vom Feinsten“  usw. Die Liste ließe sich erstaunlich lange weiterführen.

Viele Kolleginnen und Kollegen, die von solchen Angriffen betroffen sind, bemängeln die zu geringe Hilfestellung des Dienstherrn bei der Abwehr solcher Verunglimpfungen und wünschen sich ein aktives Handeln des Dienstherrn. Entsprechende Unterlassungsklagen, Klagen auf Löschung entsprechender Beiträge im Internet usw. sind nicht das Privatvergnügen der jeweiligen Amtspersonen; sie werden nicht als Privatpersonen geschmäht, sondern  wegen der Ausübung ihres öffentlichen Amtes.

Mit freundlichen Grüßen,

Wulf Schindler

- Vorsitzender -